“BUTTERFLY”

Opernloft Hamburg

Premiere 06.08.2021 @ Opernloft Hamburg
Vorstellungen 20.08./21.08./27.08./29.08./10.09./11.09.2021
Eine Produktion des Opernloft Hamburg
Musikalische Leitung: Amy Brinkman-Davis
Butterfly: Aline Lettow
Sharpless: Lukas Anton
Benjamin Franklin Pinkerton: Ljuban Zivanovic
Ausstattung: Silvio Motta
Sounds & Atmos: TRANSFORM23

http://opernloft.de/news_stories/so-war_s_/butterfly-premiere-/

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“Madame Butterfly” als Manga-Oper im Opernloft Hamburg

Stand: 09.08.2021 12:44 Uhr

Die kleine Hamburger Off-Bühne Opernloft im alten Fährterminal an der Hafenkante hat aus Puccinis Klassiker “Madame Butterfly” eine bunte Gegenwarts-Geschichte gemacht – allerdings mit einem ziemlich gewagten Inszenierungs-Kniff.

von Daniel Kaiser

Knallbunt sind die Kostüme: Blaue Haare, rote Stiefel, gelbe XXL-Fliegen! Da singen Figuren wie aus einem japanischen Zeichentrickfilm. Statt Geisha und US-Offizier wie im Original treffen sich vier junge Leute zum Cosplay, einem Rollenspiel mit Verkleidung, und agieren als typische Figuren aus der Anime-Welt. Für die Ausstattung hat Silvio Motta tief in die Manga-Kiste gegriffen. Da gibt es viele Hingucker. Herrlich!

Statt eines großen Orchesters spielt im kleinen Opernloft nur ein Trio: Das Arrangement der musikalischen Leiterin Amy Brinkmann-Davis für Klavier, Kontrabass (Andreas Krumwiede) und Querflöte (Arevik Khachatryan) ist wunderbar gelungen und fängt auch so reduziert die reichen Farben und den Schmelz der Musik ein. Man kann den Zauber Puccinis auch auf kleiner Flamme heiß kochen.

“Butterfly”: Großartiges Sänger-Quartett auf der Opernloft-Bühne

Drei Opernsänger in bunten Kleidern blicken auf ihre Handys. © Inken Rahardt/ Opernloft Foto: Inken Rahardt

Ljuban Živanović, Aline Lettow und Rebecca Aline Frese vom Ensemble der Produktion “Butterfly” am Opernloft

Das junge Sänger-Quartett agiert auf hohem Niveau: Aline Lettow als Butterfly hat das mitreißende Drama in ihrer Stimme. Ljuban Živanović als Pinkerton singt, als sollte man ihn noch elbabwärts in Blankenese hören. Mit dieser Power hätte er locker mit dem Typhon der Queen Mary II mithalten können. Mühelos erklimmt er die dramatischen Höhen. Er ist ein Pinkerton, der vor toxischer Männlichkeit und stimmlicher Kraft kaum laufen kann.

Die Mezzosopranistin Rebecca Aline Frese hat ein wunderbares dunkles Timbre, das dem Opernabend einen ganz besonderen Sound gibt. Und Lukas Anton rundet mit seinem satten Bariton als Sharpless den gelungenen Gesamtklang ab. So weit, so gut.

Neu ausgedachte Geschichte

Vier Opernsänger in bunten Kleidern mit leuchtenden Hula-Hoop-Reifen auf der Bühne. © Inken Rahardt/ Opernloft Foto: Inken Rahardt

Das Sänger-Ensemble im Opernloft: Lukas Anton, Aline Lettow, Ljuban Živanović und Rebecca Aline Frese

Für ihre Inszenierung hat Nina Kupczyk allerdings die Original-Handlung fast komplett über Bord geworfen. Auf der Bühne erklingt zwar der italienische Text. Aber in der Übertitelung geht es in Alltagsprosa um etwas ganz anderes: um die Konflikte der jungen Leute auf der Bühne und auch um Mütter, die ihre Mutterschaft bereuen.

Die Musik wird zu einem rein emotionalen Resonanzraum für die neu ausgedachte Geschichte. Wer auf den italienischen Text hört, ist ein bisschen verloren. Einfach das Libretto Libretto sein lassen und eine eigene Geschichte mit Japan-Motiven erzählen, ist einigermaßen gewagt.

Jonglage mit Japan-Klischees

Man kann Puccini sicher vorwerfen, damals aus der geographischen Ferne und mit musikalischen Mitteln der europäischen Spätromantik ein sehr stereotypes Japan-Bild entworfen zu haben, allerdings jongliert die Opernloft-Version der “Butterfly” ja eigentlich auch vor allem mit Japan-Klischees: Auf der Leinwand sieht man Godzilla eine Stadt zerstören oder immer wieder auch Atombomben explodieren, während auf der Bühne Anime-Gestalten agieren.

Besonders stark ist das Bühnengeschehen allerdings, wenn die ursprüngliche Geschichte und die neue Version zusammenfallen, beispielsweise beim berühmten Liebesduett am Ende des ersten Aktes, (“Vieni! Vieni!”), in dem es auf der Bühne zu Sex mit Anime-Gestik kommt.

Opern-Klassiker zugänglich machen

Zur Philosophie des Opernlofts, dessen neue Heimat fast schon ansichtskartenmäßig direkt an der Elbe liegt, gehört, die XXL-Klassiker der Musikgeschichte zu modernisieren und zu verschlanken, um Oper so einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Musikalisch ist das in diesem Fall hervorragend gelungen.

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